utopia – 5: zwischenraum

[Dieser Beitrag gehört zum Roman „Utopia“. Der Roman erscheint im Blog in loser Reihenfolge. Der Beginn findet sich hier.]

Plötzlich fand sich Noë in einem Raum mit grellem weissem Licht wieder. Es blendete sie so stark, dass sie sich erst gar nicht richtig orientieren konnte. Eben stand sie noch auf der weiten grünen Wiese, dann plötzlich war sie in diesem unnatürlichen Raum.

Sie sass auf einem weissen Stuhl, vor ihr ein weisser Tisch und eine Glasscheibe, in der sie sich selber spiegelte. Sie schaute sich an. Sie staunte. Es war ihr klar, dass sie ihr eigenes Spiegelbild anschaute. Aber sie hatte sich bisher keine so grossen Gedanken über sich selber gemacht. Wie sie aussah. Oder wie alt sie war. Jetzt betrachtete sie sich. Sie war kein kleines Mädchen. Nicht wie Alice. Sie war grösser. Sie war fast schon eine junge Frau. Sie staunte. Nicht nur darüber, wie alt sie war, sondern überhaupt, dass sie ein Alter hatte. Dass sie eine Person war.

Schliesslich erschien auf der anderen Seite der Glasscheibe ein weiteres Gesicht, jenes einer fremden Frau. Sie hielt in der Hand ein weisses Gerät, auf das sie mit den Fingern tippte. Sie nickte, musterte Noë kurz und tippte weiter. Zwischendurch runzelte sie die Stirn. Dann nickte sie wieder. Und tippte weiter. Dann sagte sie in Richtung der Glasscheibe, dass man festgestellt hätte, dass Noë in ihrer Community unterfordert sei und man sie darum in eine komplexere Welt versetze.

Lesen, das sei schon eine Seltenheit. Woher die Buchstaben gekommen seien, das sei ihr nicht ganz klar. Es könnte sich um einen Programmierfehler handeln. Aber da sie nun einmal lesen könne, stehe einer Versetzung nichts im Weg. Sie sei froh um den freien Platz. Dann sagte sie noch einmal schulterzuckend: Lesen.

Ebenso plötzlich, wie der weisse Raum um sie herum aufgetaucht war, verschwand er wieder. Aber statt in der grünen Landschaft befand sich Noë nun in einem dämmrigen Raum. Nach dem hellen Licht mussten sich ihre Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen. Dann sah sie, dass sie von hohen Regalen umgeben war, in denen verschiedene Bücher standen. Die meisten waren eher dünn und gross. Manche waren aber auch etwas kleiner und dafür dicker.

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