utopia – 4: keine freundschaft in aussicht

[Dieser Beitrag gehört zum Roman „Utopia“. Der Roman erscheint im Blog in loser Reihenfolge. Der Beginn findet sich hier.]

Noë merkte, wie viel sie wusste. Nicht nur über den kleinen Maulwurf. Sie wusste auch etwas über eine Maus namens Frederic. Frederic sammelt Geschichten. Sie wusste es einfach. Aber sie fand auch ein Buch, dass genau davon erzählte.

Und sie fand immer mehr Bücher. Diese tauchten manchmal auf, neben ihr oder in ihren Händen. Und dann verschwanden sie wieder. Und in den Büchern wurden Dinge erzählt, die sie wusste. Und sie war sich nicht sicher, ob sie die Geschichten vorher schon gekannt hatte oder ob sie selbst einfach zeitlos war. Sie dachte, schon alles zu wissen und noch viel mehr. Sie versuchte immer wieder, es ihren Friends mitzuteilen. Sie sagte ihnen, dass sie einen Frederic kenne. Sie likete Frederic. Sie likete, dass Frederic Geschichten sammelte. Aber keiner ihrer Friends reagierte darauf. Sie fühlte sich alleine.

Einmal hielt sie plötzlich ein Buch in den Händen, das kam ihr nicht bekannt vor. Die Geschichte war völlig neu. Es geht um ein kleines Mädchen, das ist ganz alleine. Es spaziert auf einer Wiese und sieht andere Kinder mit einem Ball spielen. Es geht zu ihnen und will mitspielen. Es nimmt den Ball. Aber die anderen Kinder schimpfen. Sie nehmen dem Mädchen den Ball weg. Und sie rennen schnell davon. Das Mädchen ist traurig. Da kommt ein kleiner Junge. Er setzt sich zum Mädchen auf die Bank und sagt: „Ich bin Luis. Und wie heisst du?“ Das Mädchen antwortet, dass sein Name Alice ist. Luis fragt Alice, warum sie traurig ist. Und Alice antwortet, dass sie immer so alleine ist. Und dass die anderen Kinder einfach mit dem Ball weggerannt sind. Luis nimmt Alice bei der Hand und zusammen suchen sie die anderen Kinder. Diese spielen jetzt nahe am Teich. Luis geht mutig auf die Kinder zu, bleibt dann stehen und ruft: „Hallo. Ich bin Luis. Und das ist Alice. Dürfen wir vielleicht mitspielen?“ Die anderen Kinder kommen neugierig näher. Der Reihe nach sagen sie ihre Namen. Und dann erklärt einer die Regeln, wie sie mit dem Ball spielen. Und den Rest des Nachmittags verbringen sie zusammen. Alice ist glücklich. Sie hat Freunde gefunden.

Noë überlegte. Sie kannte die Namen ihrer Friends nicht. Sie redete auch nicht mit ihnen. Jeder sagte nur immer, was er gerade machte. Vielleicht sollte sie es mal versuchen wie Luis. Sie rief ihren Friends zu: „Hallo. Ich bin Noë. Und wie heisst ihr?“ Erst blieb es still. Dann meldeten sich ein paar und nannten der Reihe nach ihre Namen: Morf. Art. Trina. Rynja. Ilenja. Xavier. Dann war es wieder still. Noë fragte: „Wollen wir vielleicht etwas zusammen machen? Wir könnten uns Geschichten vorlesen.“ Aber es blieb still. Und kurz darauf hörte sie, wie Morf einen gelben Schmetterling likete und Trina einen Sirup unter dem Baum getrunken hatte. Art war an einem Aussichtspunkt und Rynja likete auch den gelben Schmetterling. Ilenja machte einen Spaziergang und Xavier hatte ein Kaninchen dressiert. Noë war leer.

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